Es ist kein Geheimnis: Unternehmens-Blogs ermöglichen authentische Kommunikation, positive Effekte für die Suchmaschinenoptimierung (SEO) und Dialog mit den Zielgruppen. Alles super? Nein. Zwei aktuelle Untersuchungen zeigen, dass selbst führende deutsche Unternehmen beim Einsatz von Corporate Blogs Potenziale verschenken und Anfängerfehler machen.
Die Münchner Agentur PR-COM untersuchte über einen Zeitraum von vier Monaten die B2B-Blogs der 100 führenden deutschen Unternehmen in der Informations- und Telekommunikationstechnologie (ITK). Diese gelten als Vorreiter für die Implementierung neuer und IT-basierter Kommunikationsmöglichkeiten. Das Ergebnis der Studie mit dem Titel „Die Blogs deutscher Unternehmen im B2B-Umfeld“ ist – gelinde gesagt – erschreckend.
„Einige Blogs sind so langweilig und zäh, dass man wünscht, man hätte sie nie gefunden.“
Im Whitepaper zur Untersuchung heißt es: „Die einen führen nur einen Alibi-Blog, andere machen durch Zweitverwertung von Inhalten deutlich, dass ihnen mögliche Blog-Leser keine extra Mühe wert sind, wieder andere haben ihren Blog in den Tiefen der Website so versteckt, dass man sie als Außenstehender wohl nur auffindet, wenn man gerade eine Studie über Unternehmens-Blogs schreibt; und schließlich sind einige Blogs so langweilig und zäh, dass man wünscht, man hätte sie nie gefunden.“ Klare Worte!
Die Fakten:
- Lediglich ein Viertel der untersuchten Unternehmen hat überhaupt einen Blog in deutscher Sprache.
- Inhaltlich weisen diese eine große Spannweite auf. Nur eine Minderheit überzeugt durch gehaltvollen und qualitativ hochwertigen Content. Eine Reihe von Unternehmen beschränkt sich beispielsweise darauf, „überzogene Lobhudeleien statt informativer Inhalte zu publizieren“, so PR-COM.
- Knapp 75 Prozent der Blogs mit deutschen Inhalten werden regelmäßig gepflegt. Der Rest scheint über keine solide Content-Strategie bzw. einen Redaktionsplan zu verfügen.
- Alle Blogs – auch die Gewinner dieser Untersuchung – weisen sehr geringe Kommentarraten auf. Der mögliche Dialog mit den Zielgruppen findet somit, zumindest an dieser Stelle, nicht statt. Bei insgesamt 550 untersuchten Blogbeiträgen gab es gerade einmal 24 Kommentare…
Alain Blaes, Geschäftsführer bei PR-COM, zieht deshalb ein negatives Fazit: „Die Bilanz ist mehr als enttäuschend. Die Bildung einer Community gehört eigentlich zu den zentralen Anliegen von Social Media, und genau das findet bei den B2B-Blogs der führenden deutschen ITK-Unternehmen nicht statt. Dass drei Viertel von ihnen sich nicht einmal die Mühe machen, einen deutschsprachigen Blog zu betreiben und nur sieben in die Endrunde gekommen sind, ist eigentlich ein Armutszeugnis der Kommunikationsabteilungen, die Social Media nicht in das klassische Kommunikations-Umfeld integrieren. Hier muss man sich schon mal die Frage stellen, ob Social Media im B2B-Bereich hierzulande nicht gescheitert ist.“
Der Vollständigkeit halber soll hier aber nicht unerwähnt bleiben, dass es auch sehr positive Beispiele in diesem Bereich gibt. So zählen die Blog-Auftritte von DATEV und der SAS zu den Gewinnern der Untersuchung.
Deutsche Blogger sind offen für Kontaktanfragen von Unternehmen
Einem anderen Aspekt, dem der Blogger-Relations, widmet sich das IPREX-Blogbarometer 2014. IPREX ist ein internationales Netzwerk inhabergeführter PR-Agenturen, das erstmals eine Umfrage unter 1.188 Bloggern in zwölf Ländern durchführte. Die folgenden Ergebnisse beziehen sich auf die 150 Blogger aus Deutschland. Die meisten betreiben ihren Blog fünf Jahre und länger. Sie wurden zu ihren Erfahrungen mit Kommunikationsabteilungen von Unternehmen und PR-Agenturen befragt.
- 83 Prozent gaben an, dass sie bereits zu PR- oder Marketingzwecken von Unternehmen angesprochen wurden. Ein Viertel wird demnach mehrmals in der Woche, 17 Prozent täglich kontaktiert.
Ein Drittel aller befragten Blogger gab an, Themen auf der Grundlage von Pressemitteilungen und Produktproben zu entwickeln. - 58 Prozent erhalten Kooperationsangebote von den Unternehmen, 53 Prozent erhalten Einladungen zu Firmenevents.
- Und wie beurteilen die deutschen Blogger die PR- und Marketingbemühungen der Unternehmen und ihrer Agenturen? Mehr als die Hälfte steht dieser Art der Ansprache positiv gegenüber und wünscht sich sogar mehr davon. Nur ein geringer Teil (12 Prozent) der Blogger sieht das reservierter bzw. ist komplett gegen den Aufbau von solchen Beziehungen (1,6 Prozent).
Strategie nicht vergessen, Anfängerfehler vermeiden und auf wichtige Multiplikatoren setzen!
Fazit aus den aktuellen Ergebnissen: Corporate Blogs haben ein enormes Potenzial für die erfolgreiche Kommunikation mit Zielgruppen. Allerdings gilt es, einige grundlegende Strukturen aufzubauen, die ein strategisches Herangehen begünstigen. Denn wer einen Unternehmens-Blog betreibt ohne dabei Ziele zu definieren, zu verfolgen und zu analysieren, der treibt orientierungslos wie eine Nussschale auf dem weiten Meer. Die Blogbesucher merken das schnell und suchen sich andere Informationsquellen.
Wer professionell vorgehen möchte, sollte sich zur Verbreitung seines Contents nicht nur auf soziale Netzwerke und klassische Medien konzentrieren, sondern auch Themenblogs im Auge behalten. Denn die Blogger, so zeigt es das Blogbarometer 2014 deutlich, sind nicht abgeneigt, mit Unternehmen thematisch zu kooperieren. Häufig sind die etablierten Blogs perfekte Multiplikatoren für eure eigenen Botschaften.
(Beitragsbildquellen: cherezoff / Shutterstock, PR-COM, IPREX)
Ein klasse Artikel. Aber das bin ich ja von dir gewohnt 🙂
Die Ergebnisse entsprechen genau dem, was ich mir immer gedacht habe.
Und das werden wir nun ändern.
Mit diesem Kommentar, und natürlich auch mit den Kommentaren in deinen anderen Artikeln, hast du schon fast mehr als alle in der Studie zusammen 😉
Ich denke, dass eines der Hauptprobleme der Unternehmen ist, einfach mal locker sein und „frei Schnauze“ einen Beitrag posten.
Die Telekom mit ihrem Azubi-Blog kanns ja auch. Und auf erfolgswolf.de gibts gar nichts anderes, hehe.
Also, lass uns die Welt der Unternehmen da draußen ein bisschen besser machen.
Beste Grüße.
Vielen Dank für deinen Kommentar
und natürlich das Kompliment!
Die Ergebnisse der Studie sind in der Tat erschreckend. Mich haben die – ganz ehrlich – in ihrer Radikalität überrascht. Deshalb habe ich diese Studie hier auch so ausführlich vorgestellt. Schließlich sollte man nicht nur aus eigenen Fehlern lernen, sondern auch aus denen der Mitbewerber… 😉
Ich stimme dir zu: Den meisten Unternehmen fehlt es an Mut und vor allem an Authentizität. Du willst die Welt da draußen ein bisschen besser machen? Ich bin dabei!
Beste Grüße zurück.
Ich sehe das ein wenig anders und bin nicht überrascht von
der Studie.
Blogs sind eben nur für einen eher unerheblichen Anteil von Unternehmen interessant. Nämlich für solche, die sich im „Lifestyle“ Segment befinden, eine Markenbekanntheit von über 90% und das Glück haben, sehr viele „Meinungsbildner“ als „Follower“ und Multiplikatoren ihr Eigen nennen zu dürfen.
Und vielleicht Kleinstunternehmen, die gehört haben, das Social Media gerade im Moment recht angesagt ist.
Aber schon für KMU’s ist Social Media strategisch gesehen in den wenigsten Fällen von Bedeutung.
Schlichtweg weil das Produkt, die Dienstleistung oder was auch immer nicht dazu passt – und selbst wenn dieser Faktor passen sollte: Dann spätestens bei der Zielgruppenanalyse fällt auf, das SM dem Unternehmen in dem entscheidenden Punkt nicht helfen kann: dem Verkaufen.
Hier wird das Beispiel „Azubiblog der Telekom“ angesprochen. Für die Zielgruppe sicher ein netter Spaß, für die Azubis eine prima Sache im Rahmen der Ausbildung aber aus unternehmerischer Sicht in meinen Augen kaum von Bedeutung: Die Kommunikationsstrategie der Telekom richtet sich nach wie vor primär an Besserverdiener bzw. Kunden 30+. Der Herr im rosa Tütü mag da zwar eine etwas andere Sprache sprechen, aber Fakt ist, dass die Tarif- und Preispolitik der Telekom eine Zielgruppe anspricht, die gar keine Zeit und noch weniger Lust hat, sich mit Blogs auseinander zu setzen.
Naja und „frei Schnauze“ kommt eben im Geschäftskundensegment nicht immer wirklich gut.
Es gibt durchaus Ausnahmen und eine vermeintlich nicht unerhebliche Anzahl an Unternehmen / Konzernen, die mit Social Media Strategien sehr sehr viel erreichen können, aber prozentual gesehen ist dieser Anteil in meinen Augen dann doch eher verschwindend gering.
Ich finde es schon nervig, wenn Unternehmen via FB, Twitter, etc. Unternehmensnews, Personalien, Produkte kommunizieren.
Blogs sind nur dann spannend und interessant, wenn sie mein Hobby aufgreifen, bei Autoliebhabern dann auch die Blogs von Porsche, Ferrari oder der „ostdeutsche Trabbi-Club“, aber wie viele würden sich wirklich in einem Blog des Autoherstellers Seat herumtreiben?
Ich habe selber einen Social Media Kurs besucht und fand ihn inhaltlich auch wirklich spannend. FB und Twitter sind sicher Plattformen, die Unternehmen mehr und mehr „bedienen“ werden. Aber Ressourcen für einen Blog werden kaum welche in den Mediaplanungen berücksichtigen.
Private/ Freizeit- Blogs sind eine feine Sache, eine Zukunft im Business-Umfeld sehe ich nicht.
Gute Webseiten erfüllen alle Anforderungen und Erwartungen der Besucher; Information, Imagatransfer, Unternehmenspräsentation.
Hallo Justine, besten Dank für deinen Kommentar!
Ich finde deine Ausführungen sehr interessant, da sie – meiner Meinung nach – viele durchaus berechtigte Vorbehalte gegenüber dem Social Media-Einsatz von Unternehmen zusammenfassen. Zwei Anmerkungen habe ich dazu:
1. Ob Social Media einem Unternehmen nicht dabei helfen kann, Produkte oder Dienstleistungen zu verkaufen, sei dahingestellt. Sicherlich unterstützen professionell umgesetzte Maßnahmen aber dabei, über diese Produkte und Dienstleistungen zielgruppengerecht zu informieren, Leads zu generieren, mehr Traffic auf die Unternehmensseite zu lenken und mit den Zielgruppen in Dialog zu treten. Das ist vielleicht neben dem bloßen Verkaufen nicht ganz unwichtig…
2. Vor allem KMU’s können davon profitieren, da sie oftmals sehr spezielle Nischen bearbeiten, in denen es eine „kleine, aber feine“ Zahl Interessierter gibt. Denn gerade für kleine und mittelständische Unternehmen ist es doch besonders schwierig über klassische Kanäle Öffentlichkeitsarbeit zu betrieben und Impulse für die Berichterstattung in Fach- oder Massenmedien auszulösen. Da sind Social Media-Angebote, in denen die Firmen als eigene Herausgeber auftreten können, eindeutig zur Ansprache geeignet.
Beste Grüße
Marc